Psychotraumatologie - Was ist das?
Der Ausdruck "Trauma" bedeutet Verletzung oder Wunde, "psycho"bedeutet seelisch. So beschäftigt sich die Psychotraumatologiealso mit den seelischen Wunden (und nicht mit körperlichen Wunden), die als Folge eines extrem belastenden Erlebnisses auftreten können. Eine Situation wird als traumatisch bezeichnet, wenn individuelle Bewältigungsstrategien nicht ausreichen, wodurch das Gefühl von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe entsteht. Damit gehen das Gefühl des Kontrollverlusts, der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins einher.
Beispiele für traumatische Situationen sind Verkehrsunfälle, Missbrauchserfahrungen, Naturkatastrophen oder ein schwerer Arbeitsunfall. Aber auch Zeugen von schweren Unfällen können traumatisiert sein. Nicht zuletzt beinhaltet der Begriff Psychotrauma auch die frühkindliche Traumatisierung, an die sich der erwachsen gewordene Betroffene meist nicht erinnert und die in den meisten Fällen nicht aus einer belastenden Situation besteht, sondern aus mehreren, oft nicht greifbaren, Erlebnissen.
Laut Statistik erlebt fast jeder mindestens einmal in seinem Leben ein derartiges Ereignis. Die neueste Forschung hat gezeigt, dass solche Erlebnisse im Gehirn anders verarbeitet werden als bewältigbare Situationen. Sie erschüttern unser Selbst- und Weltverständnis und sind somit nicht integrierbar in unsere vorhandene Lebensgeschichte. Diese Tatsache ist die Ursache für psychische und psychosomatische Reaktionen des Betroffenen. Typisch sind zum Beispiel Schlafstörungen, wiederkehrende Erinnerungen an das traumatisierende Ereignis, sozialer Rückzug, depressive Verstimmungen und Konzentrationsstörungen.
Diese Gefühle, Gedanken und körperlichen Symptome sind normale, d.h. natürliche, Reaktionen auf eine unnormale, d.h. extreme, Situation. In vielen Fällen verschwinden diese Symptome, in dem Maße, wie die seelische Wunde verheilt.
Manchmal reichen die Bewältigungsmöglichkeiten aber nicht aus, sondern die psychischen und psychosomatischen Reaktionen des Betroffenen verfestigen sich. Dies kann zu erheblichen Einschränkungen des Lebensalltags, der Lebensqualität und der Teilhabe am sozialen Leben führen.
Hier ist nun eine professionelle Unterstützung angezeigt. Zunächst findet im Rahmen einer traumaorientierten Fachberatung die Stabilisierung des Betroffenen statt. Es wird versucht, einerseits Struktur in den Alltag zu bringen, andererseits eine gewisse emotionale Stabilität zu erreichen, sowie Ziele und Perspektiven zu erarbeiten. Ist dies soweit gelungen, kann mit der eigentlichen Bearbeitung des Traumas begonnen werden.